Eine grosse Leidenschaft für das, was sie tun. Die Baro-Exkursion an den Genfersee bot inspirierende Einblicke in innovative Wege der Direktvermarktung, Verarbeitung und Hofentwicklung.
Text und Bild: Brigitte Frick, Arenenberg
Zwischen Lausanne und Genf liegt der vielseitige Betrieb von Francis und Marie Jaggi. Auf dem Hof mitten im Dorf Coinsins werden über zwölf verschiedene Kulturen angebaut, darunter Linsen, Leindotter, Buchweizen und Chia. Seit 2010 biologisch geführt, wurde der Betrieb konsequent weiterentwickelt: Heute gehören eine eigene Öl- und Getreidemühle und mehrere mobile Hühnerställe dazu.
Mit neuem Hofladen zum Erfolg – Ferme Jaggi, Coinsins (VD)
Neu hinzugekommen ist auch ein Hofladen mit integrierter Backstube. Die Bäckerei wird von Raphaël Schüpbach betrieben, der lokales Mehl von Jaggis verarbeitet. Das Sortiment im Selbstbedienungsladen ist beeindruckend: von Brot, Aufstrichen und fermentierten Produkten bis hin zu Eiern von 1’500 Hühnern. Sogar Raritäten wie Chiasamen finden sich im schlichten und geschmackvoll eingerichteten Verkaufsraum.
Jaggi setzt auf Selbstvermarktung, verwendet bewusst gebrauchte Maschinen und organisiert den gesamten Betrieb mit drei Mitarbeitenden. «Ich investiere lieber in Occasionen als in teure Maschinen», sagt er. Auch räumlich bleibt er flexibel: Der Raum, der heute die Mühle beherbergt, diente früher als Weinkeller, Blumenatelier oder Schiffsdepot.
www.jaggiferme.ch
22 Kulturen und alte Getreidesorten – Domaine de la Grande Île, Vouvry (VS)
Im Vouvry (VS) betreibt Familie Knecht einen viehlosen Biobetrieb. Mit 22 verschiedenen Kulturen und einer eigenen Steinmühle liegt der Fokus auf der Vermarktung eines vielseitigen Mehlangebotes, das mit Frühkarotten und Kürbissen ergänzt wird. Alte Getreidesorten wie Emmer, Einkorn oder Khorasan-Weizen sind besonders geschmacksvoll und wegen ihrer guten Bekömmlichkeit bei den Kunden äusserst beliebt.
Ein schönes Detail: Die Kundschaft kann beim Einkauf im Hofladen durch eine Scheibe direkt in die Mühle blicken – eine Idee von Sohn David, der die Bewirtschaftung des Pachtbetriebes von den Eltern bereits übernommen hat. Die Familie setzt auf regionale Wertschöpfung und arbeitet eng mit einem Bäcker im Dorf zusammen, der Brote mit langer Teigführung produziert.
Die Mühle stammt aus Frankreich, das Know-how aus langjähriger Erfahrung und einem regen Austausch mit Gleichgesinnten: Max Knecht, ursprünglich aus dem Zürcher Oberland, fand nach einer Elektrikerlehre und der Bewirtschaftung eines Bergbetriebes seine Berufung im Tal – mit dem Fokus auf Direktvermarktung, Fruchtfolgevielfalt und bewusster Investition. Um Kosten zu sparen, werden die meisten Maschinen zugemietet. Der Pachtbetrieb steht 2028 zur Neuverhandlung an. Bis dahin setzen Max und Brigitta Knecht auf Wissenstransfer an die nächste Generation und helfen gerne mit, wenn’s brennt.
Wein mit Persönlichkeit – Domaine Montimbert, Lavaux (VD)
Am steilen Hang, hoch über dem Genfersee liegt das zu Hause der gebürtigen Thurgauerin Christin Rütsche. Die ausgebildete Drogistin fand über ein Porträt in einem Zeitungsausschnitt zum Weinbau. Sie absolvierte im Lavaux-Gebiet ein Praktikum in den Reben und studierte an der Fachhochschule in Changins die Weinproduktion vom Rebstock bis zur Lieferung an die Konsumenten. Nach internationalen Erfahrungen als Önologin und Kellermeistern kam Christin Rüsche an ihren Ursprung zurück. 2018 bekam sie die Gelegenheit den ehemaligen Praktikumsbetrieb «Domaine Montimbert» im Lavaux Gebiet zu pachten und als selbständige Winzerin zu arbeiten.
Auf zwei Hektaren pflegt sie 13 Rebsorten, aus denen sie neun charaktervolle Weine keltert – sortenrein oder als Assemblage. Alles wird von Hand gemacht, im eigenen Keller ausgebaut und direkt an Endkundinnen und -kunden oder Restaurants verkauft. Mund-zu-Mund-Propaganda ist bislang die stärkste Werbeform.
Rütsche lebt nicht nur für den Wein, sondern auch für die Kulinarik. In Italien entdeckte sie ihre Leidenschaft für Pasta und Focaccia, die sie heute in Workshops gemeinsam mit ihren Weinen vermittelt. «Die Verbindung von Essen und Wein fasziniert mich», sagt sie. Der Betrieb ist klein, doch mit viel Herzblut geführt – getragen von Familie, Freunden und einem Mitarbeiter während den Sommermonaten.
www.montimbert.ch
Fazit: Inspiration aus der Romandie
Die drei Betriebe zeigen eindrücklich, wie innovative Vermarktungsideen, handwerkliches Können und nachhaltiges Denken zusammenwirken können. Die Exkursion bot wertvolle Impulse: für die eigene Betriebsgestaltung, für mutige Schritte in der Direktvermarktung – und für den bewussten Blick über den Tellerrand.







