PSM-Strategie zur Kupferreduktion im Weinbau

Der Nachfrage nach umweltschonend produzierten Wein steigt. Viele Winzer – vom Churer Rheintal bis zum Bodensee – stellen der Herausforderung, und produzieren ökologischen Wein. Die kantonalen Rebbau–Verantwortlichen vom Bündnerland und St. Gallen laden die Winzer in Abständen zum Bio–Weinbauring ein. Wie wertvoll der Erfahrungsaustausch ist, zeigte sich in Malans.
Bio-Reben in Malans

Text: Ignaz Good

Die kantonalen Rebbau–Verantwortlichen vom Bündnerland und St. Gallen laden die Winzer in Abständen zum Bio–Weinbauring ein. Wie wertvoll der Erfahrungsaustausch ist, zeigte sich in Malans.

Der Rebbau bleibt ein Gemeinschaftsprojekt, das von Offenheit, Wissensdurst und gegenseitiger Unterstützung lebt. In einer Zeit des schnellen Wandels und wachsenden ökologischen Bewusstseins, aber auch auf den Blick Umwelt, wird der Dialog wichtiger denn je. Jeder bringt eigene Ansichten, Erfahrungen und Träume ein – daraus entsteht ein faszinierendes Mosaik, das auch den Weinbau bereichert und weiterentwickelt und korrekte Schritte in die Zukunft anbahnt. Der Austausch von Gedanken und Erfahrungen ist Insbesonders in Hinsicht Biospritzmittel, keine Einbahnstrasse, sondern eine lebendige Einladung, miteinander und voneinander zu lernen. So bleibt der Rebbau nicht nur eine landwirtschaftliche Tätigkeit, sondern weiterhin eine Quelle von Inspiration, Identität und Freude für viele Menschen von hochkarätigen Produkten, und dies auch in der Ostschweiz und Graubünden.

Wichtiger Erfahrungsaustausch

Die Zeichen der Zeit hat längst die landwirtschaftliche Ausbildungsstätte, der Plantahof in Landquart, sowie das Landwirtschaftliche Zentrum St. Gallen (LZSG) in Salez erkannt. Zum 5. Mal hat der Bündner Rebbaukommissär Walter Fromm mit Reb- und Kellermeister Moritz Villinger, in Zusammenarbeit mit Simone Aberer (Lehrerin/Beraterin Weinbau St. Gallen) zu einem Bio–Weinbauring geladen. Diesmal wurde das Weingut Markstaller in Malans von Interessierten aus vielen Kantonen und dem Fürstentum Lichtenstein aufgesucht. Seit dem Jahr 2018 werden auf dem einem Hektar grossen Rebberg in der Bündner Herrschaft, ungeschminkte Versuche mittels biologischen Anwendungen und Pflege gemacht. Zeitlich werden die vier Produkte: P 23; Myco–Sin–Stulln; Cera Sulfur und Problad getestet. Wobei darauf geachtet wurde, dass bei jeder Versuchsreihe jeweils der Boden, unterschiedlich begrünt blieb. Um auch hier schon, eventueller Unterschiede bei den Weinstöcken auszumachen. Um den Herausforderungen wirksam zu begegnen, arbeiten Forschungseinrichtungen und Praxisbetriebe immer enger zusammen. Dabei geht es nicht nur um die Entwicklung neuer Methoden oder Technologien, sondern vor allem auch um den Austausch von Erfahrungen und Wissen. Forschungszentren bringen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse ein, während landwirtschaftliche Betriebe ihre Alltagserfahrungen und Problemlösungsstrategien teilen. Dieser Dialog ist für beide Seiten gewinnbringend und fördert Innovationen, die sich in der Praxis bewähren. Dieser Beweis wurde beim Bio–Weinbauring inmitten dem Rebberg Markstaller mit Referent Hans–Jakob Schärer vom  Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und Aurelian Stalder und Andrin Schifferli Andermatt Biocontrol Suisse bewiesen.

Simone Aberer (zweite von links), Hans-Jakob Schärer, Fibl (rechts) waren als Referenten am Anlass dabei.

Rebbau vor Herausforderung

Reben sind empfindliche Kulturpflanzen, die von einer Vielzahl von Schädlingen und Krankheiten bedroht werden. Zu den wichtigsten zählen Mehltau (Echter und Falscher Mehltau), Botrytis (Graufäule), Traubenwickler, Milben und Viruskrankheiten. Die hohe Wirtschaftlichkeit des Rebbaus verlangt zuverlässige und wirkungsvolle Massnahmen, was den Wechsel auf biologische Mittel lange erschwert hat. Erst in den letzten Jahren haben Forschung und Praxis grosse Fortschritte gemacht. Dazu Beigetragen haben intelligente Applikationstechnologien, wie Drohnenspritzung oder präzise Ausbringung mittels Sensoren, erhöhen die Effizienz und minimieren Verluste. Auch der Wirkstoffeinsatz von Elicitoren zeigt positive Eigenschaften, weil dabei das Immunsystem der Pflanzen stimuliert wird und die Rebe in einen Zustand erhöhter Abwehrbereitschaft versetzt. Sie wirken nicht direkt gegen Schaderreger, sondern aktivieren pflanzeneigene Schutzmechanismen. Der sarganserländische Hobbywinzer Heinz Lutz kann auf sechsjährige Erfahrung, bezüglich Anwendungen von Biomitteln zurückblicken. Und so wie es zeitlich Aussieht, kann sich der 75–jährige auf eine tolle Ernte freuen. Letztes Jahr war das Gegenteil der Fall. Über den Daumen gepeilt kam dem pensionierten Grundbuchverwalter, den Einsatz von biologischen Präparaten etwas teurer zu stehen. Der Grund: Es seien mehr Behandlungen pro Saison notwendig gewesen. Ausserdem sei die Wingertarbeit intensiver geworden, weil auch mehr Laub ab den Stöcken entfernt werden musste. Die Anwendung von Pheromon–Dispensern seit dem Jahr 2023 gegen den Traubenwickler habe positive Auswirkungen gezeigt, gemäss Aussage von Lutz.

Weniger Geruch Emissionen

Die Winzer stehen in Europa unter zunehmendem Druck, um nachhaltigere und umweltschonende Methoden zu entwickeln und anzuwenden, um Pflanzengesundheit aber auch Ertrag zu sichern. Klimawandel, neue Schaderreger, zunehmendes gesellschaftlicher Verlangen hinsichtlich Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz, aber auch strengere gesetzliche Vorgaben verlangen Innovativen und Lösungen. Traditionell wurden im Weinbau seit geraumer Zeit, chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Doch in den vergangenen Jahren hat sich zwangsläufig der Fokus zunehmend auf biologische Alternativen verschoben. Die neuen Biospritzmittel unterscheiden sich grundlegend in ihrem Ansatz. Sie wirken nicht toxisch auf die Zielorganismen, sondern stimulieren die Abwehrmechanismen der Reben, hemmen die Entwicklung der Schaderreger oder verdrängen diese durch Konkurrenz. Sie bieten vielversprechende Möglichkeiten, den Pflanzenschutz umweltverträglicher, nachhaltiger und zukunftsfähiger zu gestalten. Sie basieren auf natürlichen Stoffen wie Pflanzenextrakten, Mikroorganismen oder Mineralien und sind in der Regel für Mensch, Tier und Umwelt weniger problematisch als herkömmliche Agrochemikalien. Und nicht unwesentlich, sie verbreiten viel weniger oder kaum Geruchemissionen, was nicht nur die angrenzend wohnende Bevölkerung zu schätzen weiss. Hingegen der langjährigen negativen Äusserung: «Jetzt spritzt er schuu wid’r» herrscht noch Hinsichtlich biologischen Pflege, ein gewisser Aufklärungsbedarf.

Trotz der vielversprechenden Möglichkeiten stehen Biokontrollmittel in der landwirtschaftlichen Praxis vor bedeutenden Herausforderungen: Eine der grössten Hürden ist die variable und oft wetterabhängige Wirksamkeit biologischer Mittel. Umweltfaktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung beeinflussen die Aktivität von Mikroorganismen oder Nützlingen. Dies kann dazu führen, dass Rebberg–Besitzer weniger zuverlässige Ergebnisse erzielen als mit konventionellen Produkten. Vieles, darunter auch das Wissen über biologische Rebsorten steckt noch in den «Kinderschuhen». 

Probleme bei der Zulassung

Im Kurzüberblick erläuterte Rebmeister Moritz Villiger vor Ort im «Markstaller» den Fachinteressierten die vier aktuellen Verfahren. Wie viele Mal bisher er die Pflanzen gespritzt hat und was er etwas anders als früher gemacht hat. Den Aufbau und Ziele der Versuche, sowie die bisher gemachten Erfahrungen wollten alle Weinproduzenten Wissen. Nach den ersten Fragen aus dem Plenum Endstand eine rege und sachliche Diskussion. Gemäss Villiger ist es für ein eigentliches Fazit noch zu früh. Eines sei aber sicher, die neuen Biomittel kommen weder preislich noch im Wirkungskreis an die Ergebnis von Kupfer heran. Aus dem Kreis der Anwesenden war zu hören: Obwohl die Schweiz geografisch in der Mitte Europas liege und vielfältige wirtschaftliche Verflechtungen mit den Ländern der Europäischen Union (EU) bestehen, unterscheiden sich die Zulassungsverfahren der beiden Rechtsräume teils erheblich. Anmerkung: Die anwesenden Liechtensteiner schmunzelten und äusserten sich augenzwinkernd: «Sie hätten je nachdem die Wahl»!

Doch aus schweizerischer Optik: Die Unterschiede führen immer wieder zu Problemen für Hersteller, Händler, Importeur und Endnutzer. Die Gründe dafür liegen sowohl in rechtlichen Rahmenbedingungen als auch im administrativen Vollzug, also im Papierkrieg.

Anpassung an EU angesagt

Wie aus einer Pressemeldung aus Bundesbern drei Tage später entnommen werden konnte: Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz werde an jene der EU angeglichen. Damit sollten die Verfahren beschleunigt werden. Der Bundesrat hat die Totalrevision der entsprechenden Verordnung genehmigt. Mit der Revision können Pflanzenschutzmittel ab Dezember 2025 in einem vereinfachten Verfahren zugelassen werden. Auf diese Weise können Pflanzenschutzmittel künftig in einem vereinfachten Verfahren zugelassen werden, wenn sie bereits in einem Nachbarland bewilligt sind, wie der Bundesrat mitteilte. Die Anforderungen an Sicherheit und Wirksamkeit der Produkte blieben auf dem gleichen Niveau bestehen. Einzig für die  Spritzmittelhersteller wird die Zulassung teurer. Der gelungene Erfahrungsaustausch  «klang» mit einem Gläschen Wein im Wingert aus.

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